Zum ersten Mal fand dieses Jahr die Konferenz “Embedded Meets Agile” statt, veranstaltet von HLMC (Gerhard Versteegen) in Dornach bei München. Wie dem Namen zu entnehmen ist, geht es dabei um agile Methoden und Unternehmen in der Embedded-Entwicklung. Neben einem allgemeinen Agile-Embedded-Tag, gab es je einen Thementag zu “Medizintechnik” und zu “Automotive”.
Nachdem ich am Dienstag und am Donnerstag je mit einem Vortrag eingeladen war, bin ich schon am Montag abend angereist und konnte dem inoffiziellen Auftakt mit dem HLMC-Team an der Hotelbar beiwohnen. Als dann zu vorgerückter Stunde der Barkeeper Vorträge über “todsichere” Sportwetten gehalten hat, hat sich das kleine Treffen auch recht zügig wieder aufgelöst.
Der Dienstag war der branchenübergreifende Tag der Embedded Meets Agile, an dem ich gleich nach der Keynote meinen Vortrag “Sprints in 37.000 Fuß” gehalten habe. Das dort verwendete Prezi könnt Ihr hier betrachten. Gute gefallen hat mir am Dienstag der Vortrag von Roland Müller (Endress und Hauser), in dem er beschrieben hat, wie E+H Scrum für safety-relevante Entwicklungen inkl. Hardwareentwicklung einsetzt.
Später am Tag hatten die Veranstalter dann Probleme mit gesundheitsbedingten Ausfällen für die Podiumsdiskussion, der designierte Moderator Thorsten Janning (Kegon) wurde von seinem Kollegen Florian Mecoch vertreten und ich hatte die Ehre für Susanne Mühlbauer (HOOD) einzuspringen. Meine beiden Diskussionskollegen Boris Gloger und Joachim Baumann (codecentric) waren so weit fit und wir konnten die Diskussion beginnen.
Ohne Absprache hat sich auch eine gute Rollenverteilung ergeben, Boris Gloger erzählte von seinen agilen Erfahrungen in der Medizintechnik, ich aus dem Automobilbereich und Joachim Baumann war “des Teufels Anwalt” und brachte mit seinem Statement “agil zu sein ist für die Firmen viel zu teuer” viel Schwung in die Diskussion.
Interessant war, dass die Diskussion über die Hindernisse der Agilität in der Embedded Welt immer wieder in Management-Themen abgedriftet ist. Florian war als Moderator eifrig dabei, wieder emdedded-Themen wie die Einbindung der Hardware- oder Mechanikentwickluung und die Berücksichtigung von Functional Safety oder Automotive SPICE in den Vordergrund zu rücken, jedoch sowohl die Experten auf der “Bühne” wie auch das Publikum fand sich stets nach drei Sätzen wieder in der Diskussion über den Widerstand des Managements gegen Veränderung und vermuteten Kontrollverlust. Ich finde das gibt eine erste Indikation, wo man sich auf die Such nach den Hindernissen machen kann, welche neue (und bewiesenermassen effektivere) Ansätze zu Führung und Zusammenarbeit verhindern. :-)
Der Mittwoch begann mit einer interessanten Keynote von Boris Gloger, in der er ein Unternehmen in der Medizintechnik vorstellte, die die Vorstellung vom “crossfunktionalen” Team umgesetzt hat. Alle in das Produkt involvierten Mitarbeiter haben ihre Büros verlassen und sich in einer Industriehalle angesiedelt um das Produkt mit Scrum zu entwickeln. Neben Mechanik-, Elektronik- und Softwareentwicklern war auch der Einkauf und der Musterbau in dem Team vertreten, eben alle, die für die Ferstigstellung des Produkts notwendig waren. Der Erfolg bezüglich Zeitplan und Qualität war enorm, ein gutes Beispiel, wie man Entwicklungsperformance und gleichzeitig den Spaß an der Arbeit gleichzeitig erhöhen kann – ohne Investitionen.
Mein zweites Highlight am AgileMed-Tag war der Vortrag von Cassini, in dem Ergebnisse der Gehirnforschung für Verständnis und Veränderung in der Führung von Mitarbeitern benutzt wurden.
Auch am Donnerstag (AgileCars) gab es eine gute Keynote von Christian Kühnel (BMW) über die agile Entwicklung im Bereich Fahrassistenzsystemen, in dem sich Christian auch beklagte, dass die Lieferanten zu wenig agil sind. Für viele Lieferanten in der Automobil-Industrie war das überraschend, galten doch bisher die OEMs als agile Bremse in der Branche. Vielleicht erleben wir ja bis zur nächsten AgileCars-Konferenz neue Zusammenarbeiten zwischen Suppliern und OEMs.
Wir von SynSpace waren am Automotive-Tag mit drei Vorträgen vertreten, ich mit einer Fallstudie zum Theme ISO 26262 im agilen Umfeld. Das Prezi dazu habe ich hier veröffentlicht (übrigens mein erstes Prezi, das nur aus einem Foto bestand, die unkonventionelle Art ist aber gut angekommen ;)). Kollege Sebastian gab Hilfestellung bei der Interpretation des Agilen Manifests in der Automobilindustrie und setzte die Forderungen von Automotive SPICE bei MAN.3 in den Kontext agiler Methoden.
Insgesamt fand ich die Embedded Meets Agile eine sehr gelungene Konferenz, die eine vorhandene Lücke füllt. Ob das Format (3 Tage) so ideal ist, mag ich zu bezweifeln, ein zeitlich kompakterer Ansatz würde auch mehr Austausch zwischen den Branchen ergeben, denn die Herausforderungen bei der “Agilisierung” der Embedded-Entwicklung sind in der Automobilindustrie und in der Medizintechnik doch recht ähnlich. Und vielleicht werden sich dann die Branchen anschliessen, die diesmal noch nicht vertreten waren: Railway und Aviation. Spätestens dann gibt es von mir wieder einen Vortrag mit “Sprints in 37.000 Fuß”.